Paddington Bär: Die Story
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Die Paddington-Bär Story



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Auf seinem braunen, verbeulten Koffer saß der kleine zottelige Bär mit dem breitkrempigen Hut, als er von Mr. und Mrs. Brown in einer dunklen Ecke des Londoner Bahnhofes Paddington entdeckt wurde. Aus dem finstersten Peru als blinder Passagier über die Weltmeere gereist, war von seinem Proviant lediglich noch ein Rest Orangenmarmelade übriggeblieben. "Bitte kümmern Sie sich um diesen Bären. Danke", stand auf dem Schild, das er mit dem Schlüssel für seinen Koffer an einer Schnur trug. Die Browns nahmen sich des Bären an, weil sie in ihm einen willkommenen Spielgefährten für ihre beiden Kinder sahen. Da der peruanische Name des Bären für Engländer unaussprechlich schien, gaben sie ihm den Namen des Bahnhofs im Nordwesten Londons. Und für Paddington begann eine völlig neue, aufregende Zeit.

Eigentlich hat die Sache mit Paddington aber ganz anders angefangen. Heiligabend 1956: Michael Bond, 30 Jahre alt, jung verheiratet, Kameramann der BBC, hat den Bus verpaßt. Er vertreibt sich die Zeit, schlendert in einem Kaufhaus in der Oxford Street umher und entdeckt in einem Regal den einsamen Teddy. Über Weihnachten sollte das plüschige Kerlchen nicht allein gelassen werden, sagt er sich, kauft den Bären und schenkt ihn seiner Frau Brenda. Nach jenem großen Bahnhof in der Nähe von ihrem Zuhause nennen die Bonds den Bären Paddington. Noch können sie nicht ahnen, daß er ihr Leben grundlegend verändern sollte.

Das Bärchen inspirierte Bond zu den Kurzgeschichten, die inzwischen längst die Herzen kleiner und großer Leser in aller Welt erobert haben. Innerhalb von zehn Tagen war das erste Buch fertig. Unter dem Titel "A Bear Called Paddington" ist es, illustriert von Peggy Fortnum, vor 40 Jahren, exakt am 13. Oktober 1958, erschienen. In 18 Sprachen übersetzt, liegt "Ein Bär mit Namen Paddington" auch in Deutsch vor (Carl Hanser Verlag) vor. Ebenfalls sind alle zwölf folgenden Bücher wie "Mehr von Paddington" oder "Paddington hilft, wo er kann" beim Verlag aufgelegt worden. Der kleine Bär mit dem Dufflecoat hat das Talent, von einem Fettnäpfchen ins andere zu stolpern und sorgt immer für Aufregung. Ob er nun mit der Tücke einer Rolltreppe oder einer morschen Hängematte kämpft, ob er bei Bügelversuchen ein teures Hemd verkohlt oder beim Tapezieren eine Tür verschwinden läßt, man kann ihm nicht böse sein. Paddington ist eine Frohnatur und betrachtet die Dinge, wie es in einer der Erzählungen heißt, stets von ihrer guten Seite.

Vor allem darauf führt der Autor, mittlerweile 72jähriger Großvater, die weltweite Popularität seines Zöglings zurück. Schon 1965 hatte Bond seine Arbeit als Kameramann beendet, um sich ganz dem schriftstellerischen Tun widmen zu können. Ein Ende von Paddingtons Abenteuern scheint zur Freude seiner Leserschar längst noch nicht absehbar zu sein. Jener Originalbär aber, den Bond zu Weihnachten 1956 gekauft hatte, nimmt zu Hause, in der Londoner Maida Avenue, einen Ehrenplatz ein.

JOCHEN FRANK

©Berliner Morgenpost 1998